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Das kleine s will kuscheln
In jeder Kinderschar ist immer eines dabei, das bei allen besonders beliebt ist. Und das schwarze Schaf, das ungeliebte Kind, wird von allen gemieden. Es darf nicht dabei sein, wenn alle Kinder in Gruppen und Grüppchen sich amüsieren. Bei den Buchstabenkindern ist das nicht viel anders. Die Stars, um die sich alle reißen, sind die Vokale a, e, i, o und u. Nur in den slawischen Gegenden kann man sich für diese glanzvollen, klangvollen Buchstabenkinder nicht besonders erwärmen. Aber fremde Sprachen, fremde Sitten. Auch m und n sind so beliebt, dass sie häufig sogar als Zwillinge geboren werden und fortan unzertrennlich gemeinsam bleiben. Nur ein Buchstabenkind hat es besonders schwer und das auch noch ganz ohne eigene Schuld. Eigentlich ist es mit seiner gertenschlanken, doppelt gebogenen Form sogar sehr attraktiv. Deshalb ist es nur schwer zu verstehen, warum es immer wieder mit einem Apostroph von seinen Geschwistern getrennt wird. Das kleine s leidet sehr darunter, denn es will eigentlich nur kuscheln.
Retten Sie das kleine s!
In der deutschen Sprache gibt es keine Regel, die besagt, dass das kleine s mit einem Apostroph abzutrennen sei. Dennoch wird es mit Hingabe praktiziert, als müsste man das kleine s bestrafen. Und das auch noch ganz willkürlich. Die Rollos dürfen ihr kleines s behalten, die Plissees dagegen stoßen es ruppig ab. Das arme kleine s tut mir wirklich leid.
Es gibt ganz wenige Ausnahmen, bei denen es sinnvoll ist, das Genitiv-s mit einem Apostroph zu trennen. Z. B. wenn Andrea und Andreas gemeinsam einen Blumenladen betreiben, sich nach Jahren entzweien und beide eröffen ihren eigenen Blumenladen. Dann können Sie hier kaufen:
Andreas' Blumenladen oder Andrea's Blumenladen
Dies dient aber nur zur einfacheren Unterscheidung. Wenn Bäcker Elmers sein Firmenschild aufhängt, kann er ebenso gut Elmers' Bäckerei schreiben. Einfacher wäre es jedoch nur Bäckerei Elmers zu schreiben. Dann ist der Fall klar.
Endet ein Wort auf s, ss, ß, tz, z, x kennzeichnet man mit dem Apostroph den Genitiv. Felix' Schuhe wurden schnell zu klein. Grass' Wohnhaus in Lübeck. Moritz' Zeugnis war das beste.
Das sind wirklich wenige Ausnahmen. Im Allgemeinen liegt man völlig richtig, wenn weder im Plural noch beim Genetiv ein Apostroph zum Einsatz kommt.
Zwei Wörter, zwei Fehler! Das muss man erst einmal schaffen. Manuela hat auch noch Schwierigkeiten mit dem ss und ß. Sie ist da aber ganz leidenschaftlos. Als ich sie darauf aufmerksam machte, entgegnete sie entspannt: "Hauptsache man weiß, worum es geht." So einfach kann die Welt der Buchstaben sein.
Wer es jetzt aber doch einmal ein bisschen genauer wissen möchte, prägt sich optisch diese beiden Wörter ein:
Fuß
Wird der Vokal lang gesprochen und folgt ein scharf gesprochenes s, dann kommt unser besonderer Buchstabe, das ß zum Einsatz.
Wird der Vokal kurz gesprochen und das folgende s hat eine gewisse Schärfe, folgt ein Doppel-s.
Der voranstehende Vokal entscheidet also darüber, ob ss oder ß zum Einsatz kommen.
Laaanger Vokal = ß, geformt wie ein langer Faden.
Kurzer Vokal = ss, zack,zack!